Landschaft, Gartenanlage, Schlossgebäude, Gemäldesammlung

Ein Gesamtkunstwerk

Im Rheinland hat sich ein mit Schloß Birlinghoven und seiner Sammlung vergleichbares Ensemble aus der Zeit um 1900 nicht erhalten.

Dr. Hans Peter Hilger (damals Leiter der Abteilung Inventarisation beim Landeskonservator Rheinland) hat 1976 ein Gutachten angefertigt, in dem er das Schloß als eine "Zitatensammlung" und als "Inszenierung aus dem Repertoire verschiedener historischer Stile" bezeichnet. Errichtet im Stil englischer Landsitze, an der Eingangsseite von spätgotischen und an der Gartenseite von barocken Formen bestimmt, vom englischem Park und barockem Gartenparterre in die Mitte genommen, ist das Innere des Schlosses auf die verschiedenen Stilepochen der kostbaren originalen Ausstattungsstücke ausgerichtet.

Gegenüberstellung und Kontrastierung der Elemente fallen als Prinzipien immer wieder ins Auge. Die drei grundlegenden Bausteine der Anlage (Gärten, Gebäude und Gemälde) werden zunächst als durchaus harmonisches Ensemble wahrgenommen. Dennoch schreitet man auf dem Weg durch Schloß und Garten durch unterschiedliche Regionen, Epochen und Stile. Statuen, Gitter, Türen oder Fenster setzen Akzente und vollenden den Gesamteindruck.

Architektur, Skulpturen und Kunsthandwerk vereinigen sich hier zu einem Gesamtkunstwerk, das sich von den mit dem Bauwerk und den ergänzenden Anlagen "zitierten" älteren Stilepochen als eine völlig eigenständige künstlerische Lösung abhebt.

Landschaft, Gartenanlage

Die Lage des Schloßbaues nimmt auf die natürlichen Gegebenheiten Bezug und akzentuiert sie zugleich. Terrasse und Gartenparterre stehen ganz in der Tradition von barocken Schloßbauten des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Mittelachse der parkartigen Grünanlage ist auf die Ausläufer des Siebengebirges ausgerichtet und mündet in eine Sonnenuhr ein, von der an Ort und Stelle lediglich noch Reste stehen, aber alle originalen Teile aufbewahrt worden sind. Der Terrasse ist ein sanft abfallendes, seitlich von Alleen gerahmtes Gartenparterre vorgelagert, das in den stattlichen Waldbestand des Tales überleitet. Über den Bäumen erhebt sich die Kuppe des Ölberges als point de vue. Auf der Nordseite, zwischen Schloß und Remise, nimmt ein englischer Garten mit alten Bäumen den Besucher gefangen.

Einordnungen wie "parkartige Grünanlage" und Bemerkungen wie "über den Bäumen" schildern vor allem das heutige Erlebnis, denn die Gartenanlage hat sich im Laufe der Jahrzehnte insbesondere auf der Sonnenseite des Schlosses erheblich verändert. Bilder aus der Bauzeit zeigen eine offene Landschaft, von jedem Teil des Gartens war der Blick auf das Siebengebirge und auf einen Teil der umliegenden Orte möglich. Das südliche Gartenparterre war mit barocken Ornamenten gestaltet (wie sie ansatzweise heute noch im Rosengarten zu sehen sind), und die erwähnten Lindenalleen hatten noch deutlichen Abstand zum jungen Wald. Der ursprüngliche Blick über den Wald ist heute nur noch von den oberen Etagen des Schlosses aus möglich.

Anfangs sollte sich die Gartenanlage nicht auf die heutige Größe beschränken, sondern man plante größere Teile der Umgebung ein. Entsprechende Pläne existieren noch beim Rheinischen Amt für Denkmalpflege, das sie demnächst gesondert veröffentlichen will. Die Umrisse der vorgesehenen Anlage lassen zum Beispiel die im Wald der Umgebung angelegten Wege noch heute erahnen. Ein von Rhododendron gesäumter Weg vom Schloß zum Tennisplatz, zur Sonnenuhr und zum Weiher ist ein anderes Zeugnis der in Gang gesetzten Landschaftsgestaltung. Warum die Gartenbaupläne nicht vollständig realisiert wurden, könnte die angekündigte Veröffentlichung klären. Zeitzeugen berichten jedenfalls, daß das barocke Gartenparterre (das schon vor Beginn des Schloßbaues angelegt war) in den dreißiger Jahren umgestaltet wurde. Der Weiher liegt heute auf Privatgelände, die Rhododendron-Allee ist inzwischen zugewachsen und unbegehbar.

Von den ehedem im Park aufgestellten Kunstwerken ist nur ein Rest übriggeblieben. Erhalten blieben unter anderem die erwähnte Sonnenuhr, die Diana-Gruppe, ein aus Italien stammender romanischer Taufstein, romanische Portallöwen und Reste von Brunnen. Zusammen mit einer gemauerten Baumeinfassung und einem im Jahr 1996 nach den historischen Vorbildern neugeschaffenen Laubengang zeugen sie von einem reichen Figurenschmuck und einer interessanten Ausstattung des Parks.

Die Diana-Figur wird von zwei steinernen Bänken und zwei ebenfalls steinernen Pokalen gerahmt. Der Eingang der später ans Schloß angebauten Kapelle wird übrigens vom heiligen Hubertus gekrönt, dem ein Hirsch mit einem leuchtenden Kreuz zwischen den Geweihstangen begegnet. Diese Reminiszenzen an die Jagd sind nicht zufällig, sondern Ausdruck der Jagdleidenschaft der Bauherren.

Schlossgebäude

Hilger spricht in seinem erwähnten Gutachten davon, daß Schloß Birlinghoven Reminiszenzen an italienische Palastarchitektur assoziiert, so etwa an den Palazzo Pitti in Florenz, einen der ersten bürgerlichen Repräsentationsbauten. In Birlinghoven werde gleichsam die Inszenierung eines solchen italienischen Ensembles geboten.

Dem Besucher präsentiert sich Schloß Birlinghoven normalerweise zunächst als Herrenhaus im Stil englischer Landsitze. Die Zufahrt zum Schloß, die früher von Birlinghoven durch den Wald auf den Berg führte und heute an der Landstraße nach Hoholz beginnt, bringt Bewohner und Gäste zu einem eher unscheinbaren Portal, das von einem schönen Maßwerkfenster gekrönt wird.

Im Vergleich zur streng geordneten Rückseite des Schlosses bietet die Vorderseite mit mehreren Eingangstüren, unterschiedlichen Fensterformen und drei asymmetrisch angeordneten zinnenbekrönten Türmen sehr verschiedenartige optische Reize, die den kastellartigen Charakter der Schloßvorderseite verstärken. Das früher zusätzlich ins Auge springende Fachwerk an der nord-westlichen Giebelseite des Seitentraktes ist heute verputzt, und die große Uhr über dem Eingang ist durch ein Fenster ersetzt worden.

Die rückwärtige Sonnenseite des Schlosses ist dagegen im Stil des Barock gehalten. Fenster, Türen und Türme sind symmetrisch geordnet. Die beiden Ecktürme haben keine Zinnen, sondern werden durch Geländer abgeschlossen. Zwei Treppen führen seitlich in den Garten. Das ehedem barocke Gartenparterre, das allerdings in den 30er Jahren umgestaltet wurde, verstärkte die Gegensätze der Stile von Vor- und Rückseite des Schlosses.

Das Gebäude hat drei Geschosse. Im Erdgeschoß werden über ein prunkvolles Treppenhaus vor allem die drei großen Säle und die Kapelle erschlossen, im Obergeschoß befanden sich die Wohnräume und im Dachgeschoß die Personalräume. Heute werden die Wohn- und Personalräume als Arbeitszimmer genutzt.

Zum Schloß gehörten einige Nebengebäude, von denen heute nur noch der Kartoffelkeller im Rosengarten erhalten ist. Weitere Wirtschaftsgebäude lagen unterhalb des Schlosses, zum Beispiel gab es einen Hühnerstall. Interessant war sicher auch ein Eiskeller, in dem große Eiszapfen gelagert wurden, die bei Frost an besonderen Gestellen wie Stalaktiten gezüchtet" wurden. Der noch erhaltene Luftschutzbunker im Park vor dem Schloß ist ein Relikt aus dem zweiten Weltkrieg.

Die ehemalige Besitzerin Deutsche Shell AG hat den gotischen Seitenflügel des Schlosses aufgestockt, und auch die GMD hat durch eine Reihe von Baumaßnahmen für die Erhaltung von Schloß Birlinghoven gesorgt.

Insbesondere wurde die zusammen mit dem Schloß errichtete und in den letzten Jahren stark verfallene Remise zwischen 1984 und 1986 restauriert. Das Dach und große Teile der Mauern des ehemaligen Wagen- und Geräteschuppens mußten allerdings abgerissen werden, bevor die Remise (die heute als Kantine dient) bis hin zu ihren historischen Details originalgetreu wieder aufgebaut werden konnte.

Die Gemäldesammlung

Von der reichen Inneneinrichtung des Schlosses ist im wesentlichen die in den Sälen untergebrachte Gemäldesammlung erhalten, und zwar - soweit man dies sagen kann - vollständig.

Die Sammlung setzt sich vor allem aus italienischen und niederländischen Bildern des 16. bis 18. Jahrhunderts zusammen; hinzu kommt eine größere Folge von Porträts. Meisterwerke wie der "geigende Orpheus" und "Bathseba im Bade" stehen neben bescheidenen Adelsporträts aus dem Umkreis des Münchener und kurkölnischen Hofmalers George Desmarées. Jüngere Kopien wie die Ansicht des Bensberger Schlosses mit Jagdtrophäen nach Jan Weenix d.J. (das Original wurde 1702 im Auftrag des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz für Bensberg gemalt und ist seit 1805 in der Alten Pinakothek in München) gewinnen ihren Reiz aus dem räumlichen Nebeneinander mit den Monatsbildern nach Peter Candid (deren Originale zum großen Teil im Bayerischen Nationalmuseum aufbewahrt werden).

Eine thematisch bestimmte Auswahl der Bilder scheint nicht angestrebt worden zu sein. Neben Zyklen, wie den Monatsbildern und den vier italienischen Ruinenlandschaften sind mythologische und biblische Darstellungen zu nennen, so den "geigenden Orpheus" (wohl Genua um 1610/20), "Venus und Adonis" (eine wohl französische Kopie nach Tizian), die großartige Darstellung der "Bathseba" (Guercino nahestehend) und der "bethlehemitische Kindermord".

Die Bilder der Porträtsammlung stellen vor allem Fürsten, Kardinäle und Bischöfe des Rheinlandes (die mitunter gebürtige Bayern waren) sowie der angrenzenden Gebiete dar. Auf einigen Bildern sind Herrscher abgebildet, deren Namen und Bedeutung bisher nicht recherchiert werden konnten.

Obwohl die Bilder größtenteils Kopien bekannter Gemälde sind (wobei die Schöpfer einiger Vorlagen wie der holländische Porträtmaler Jan Frans Douven selbst durch Bilder nach Werken der berühmtesten italienischen Meister bekannt wurden), haben einzelne Werke durch den Verlust der Originale zusätzlich einen Wert für die Geschichtsschreibung bekommen.

Beispielsweise existiert das ursprünglich von Jan Franz Douven gemalte Doppelbildnis des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz und seiner Gemahlin Anna Maria Luisa von Medici nur noch in zwei Kopien. Historisch ist dieses Bild interessant, weil der pfälzische Kurfürst hier in einer besonderen Situation nach dem Tode des Kaisers als Reichsverweser mit der Kaiserkrone abgebildet ist.

Für die Gemäldesammlung insgesamt gilt, daß ihr Rang nicht nur durch die Qualität einzelner Gemälde bestimmt wird, sondern mehr noch durch ihre Zusammenstellung und vor allem durch ihre Eingliederung in die rahmende Schloßarchitektur, insbesondere im Bereich des Großen Saales. Hier hat sich ein echtes Ensemble erhalten, das kostbare und weniger kostbare, wohl wegen ihres Sujets aufgenommene Gemälde umschließt.

Mit dieser Sammlung in Schloß Birlinghoven hat sich ein - auch soziologisch höchst interessantes - Geschichtsdenkmal erhalten, das vor allem für die gesellschaftliche Struktur der Zeit in den Rheinlanden charakteristisch ist. Offensichtlich hat hier ein der Tradition der rheinischen Barockschlösser sich verpflichtet fühlendes Repräsentationsbedürfnis eine Rolle gespielt, das die großbürgerlichen Ambitionen, die ja auch den Schloßbau prägen, nachdrücklich charakterisiert.

Die Monatsbilder

Ein großer Teil der Gemäldesammlung in Birlinghoven besteht aus den so genannten Monatsbildern, die aus dem Umkreis von Peter Candid stammen [1]. Sie stehen in einem engen Zusammenhang mit Serien von Wirkteppichen (Tapisserien), die Herzog Maximilian I. von Bayern, seit 1623 auch Kurfürst, für die Münchener Residenz in Auftrag gegeben hatte. Die mit Wolle, Seide und Goldfäden gewirkten Wandteppiche wurden nach Entwürfen von Peter Candid in der eigens begründeten Münchener Manufaktur unter Hans van der Biest in den Jahren 1612 bis 1614 hergestellt.

Die Bilder in Birlinghoven folgen diesen Tapisserien, sind aber vermutlich nicht selbst Vorlagen für die Teppiche gewesen, sondern gelten als Arbeiten aus dem Umkreis der Candid-Werkstatt nach den Wirkteppichen bzw. den Kartons zu den Wirkteppichen oder nach einem gemeinsamen Vorbild.

Schloß Birlinghoven beherbergt zehn dieser Bilder, die zu drei Serien (zwölf Monate, vier Jahreszeiten, Tag/Nacht) mit insgesamt 18 Teppichen passen. Vorhanden sind die Darstellungen von April, Juni, Juli, Oktober, November und Februar sowie die Darstellungen von Frühling, Herbst, Winter und Tag (es fehlen also einige Monatsdarstellungen, eine Jahreszeiten-Darstellung und die Darstellung "Nacht").

Die Bezeichnung "Monatsbilder" für alle Bilder ist insofern zwar praktisch, aber nicht ganz richtig. Die entsprechend dieser falschen Vorstellung in älteren Gutachten über die Gemäldesammlung von Schloß Birlinghoven vorgenommene durchgehende Numerierung von II/1 bis II/10 täuscht hinsichtlich der Zugehörigkeit zu einer Serie und hinsichtlich der Reihenfolge der einzelnen Werke im Jahreslauf.

Den Monats-Zyklus eröffnet nach alter Zählweise der März mit Bauern bei der Feldarbeit. Das erste in Birlinghoven vorhandene Bild aus diesem Zyklus symbolisiert den Monat April, wo eine vornehme Dame mit Gefolge mit Falken jagt. Im Juni-Bild werden Schafschur und Heuernte vereint, und im Juli pirscht wiederum eine adelige Dame diesmal Hirschen nach. Keltern und Ernten der Trauben bestimmt die Szene im Oktober, wobei im Hintergrund Landshut abgebildet ist, das damals Mittelpunkt des bayerischen Weinanbaugebietes war. Die Sauhatz im November findet wieder unter Beteiligung der Damen statt. Schließlich spielen im Februar maskierte Personen Karten und würfeln; im Hintergrund werden mit Darstellungen von Schlittenfahrten und des Zurückschneidens der Bäume Rückblick und Beginn eines neuen Jahreszyklus angedeutet. Die Serie wird durch die - in Birlinghoven fehlenden - Bilder mit Darstellungen der Feldbestellung, der Gartenpflege, der Ernte, Vermarktung der Landprodukte in der Stadt, der Hausschlachtung und des geselligen Genießens der Vorräte vollendet.

Der Jahreszeitenzyklus mit Motiven, die dem Monatszyklus durchaus ähnlich sind, ist über die Darstellung von Frühling, Sommer, Herbst und Winter hinaus eine Allegorie des Lebenskreislaufs. Die Darstellung beginnt mit spielenden Kindern, ein junges Paar verkörpert den Sommer und die Jugend, ein gereiftes Paar erntet im Herbst das Obst und schließlich wärmt sich im Winter ein greises Paar am Kachelofen bzw. am Herdfeuer. Für die Darstellung des Tages wird mit der Göttin Juno und dem Apoll-Gespann an die griechische Mythologie angeknüpft, die Nacht wird durch das Alter und Todessymbole versinnbildlicht.

Brigitte Volk-Knüttel weist darauf hin, daß die Teppiche (und mit ihnen die Bilder) realistisch wirken, ohne es tatsächlich zu sein. Es sind Allegorien, mit denen jenseits der genauen zeitlichen Folge von Feldarbeiten oder der realistischen Wiedergabe von Situationen wie der Wildschweinjagd vor allem eine Typisierung erreicht werden soll. Eine Besonderheit gegenüber anderen Monatsserien ist die starke Heraushebung der Beschäftigungen der aristokratischen Gesellschaft und die bemerkenswerte Rolle der Damen.

Teppiche und die Bilder sind dabei nicht völlig identisch. Beim Jahreszeiten-Zyklus und dem Zyklus Tag/Nacht erscheinen nur einzelne Motive sowohl im Teppich als auch im Bild, so daß sich trotz der offensichtlichen Zitate der Eindruck eher unabhängiger Werke ergibt. Möglicherweise ist wegen dieser Eigenständigkeit das Birlinghovener Äquivalent des Tages" auch Tuchbleiche genannt worden (allerdings gibt die Komposition des Bildes eigentlich keinen für diese Namensgebung heute noch erkennbaren Anlaß). Die Monatsbilder entsprechen dagegen - abgesehen von zwei systematischen Besonderheiten - relativ genau den in der Residenz München verwahrten Wirkteppichen der Monatsfolge. Der auffälligste Unterschied sind die Ornamente und Baumstämme, die die Teppiche einrahmen bzw. unterteilen und in den Bildern völlig fehlen. Zudem fällt auf, daß Teppiche und Bilder ganz oder in großen Teilen spiegelverkehrt sind, was sich aus dem Herstellungsprozeß erklärt. Da die Teppichwirker vor der Rückseite des Teppiches saßen, brauchten sie Vorlagen (sogenannte Kartons und Patronen), in denen die Gegenstände spiegelbildlich verkehrt dargestellt werden mußten. Im Verlauf der Arbeit wurden die Darstellungen mitunter mehrfach kopiert, ins Spiegelbild und wieder zurück übertragen, wozu der Künstler auch seine Schüler heranzog. Bei den Motiven wurden ferner andere Künstler zitiert, zum Beispiel sind die Monatsbilder April und Juli Entwürfen von Stradamus sehr ähnlich  [2]. Außerdem sind die (selbst ja spiegelbildlichen) Kartons, die viele Jahrzehnte in den Hofarkaden der Residenz ausgestellt waren, öfters kopiert worden, so daß Duplikate wie die "Weinkelter" auf Schloß Birlinghoven und die Weinlese" im Siegburger Stadtmuseum auf eine zusätzliche Weise erklärlich sind. Zusammenfassend läßt sich annehmen, daß die Bilder zumindest aus dem Umkreis der Werkstatt Peter Candids stammen.

Wie diese Bilder ins Rheinland und später ins Schloß Birlinghoven bzw. nach Siegburg gekommen sind, ist unbekannt. Clemen [3] schreibt jedenfalls, daß die Bilder im Besitz der Abtei Heisterbach standen und sich nach der Säkularisierung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts im Heisterbacher Hof in Königswinter befanden. Der Stadt Siegburg wurde ihr Bild von Engelbert Humperdinck, in dessen Besitz sich ebenfalls Kopien befanden, aus Dankbarkeit für eine liebevoll veranstaltete Humperdinck-Woche" geschenkt  [4].

Fürsten und Könige

Gerade die Porträtsammlung von Schloß Birlinghoven macht deutlich, daß eine Auflösung des Bestandes das Einzelbildnis nicht nur seines durch Auswahl bestimmten Zusammenhangs beraubt, sondern auch zur Entwertung als Einzelwerk beitrüge. Die Auswahl der dargestellten Persönlichkeiten hat ihr Schwergewicht wie nicht anders zu erwarten bei den weltlichen und geistlichen Fürstenhöfen der Rheinlande. So finden sich etwa Darstellungen des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (Jan Wellem) und seiner Gemahlin Anna Maria Luisa von Medici und deren Verwandten neben Porträts der Kurfürsten und Erzbischöfe von Köln, Trier und Mainz im 18. Jahrhundert.

Erwähnt seien auch die Porträts des Johann Hugo von Orsbeck, Kurfürst und Erzbischof von Trier, Franz Lothar von Schönborn, Kurfürst und Erzbischof von Mainz, sowie des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz und seiner Gemahlin Elisabeth Auguste.

Persönlichkeiten aus den Familien treten hinzu. So finden sich neben Porträts der Kölner Kurfürsten und Erzbischöfe Joseph Clemens und Clemens August von Bayern, auch das des Vaters Kurfürst Max Emanuel von Bayern und von Kurfurst Karl Albrecht von Bayern (nachmals Karl VII. Römischer Kaiser), dem Bruder des Clemens August.

Zu nennen ist weiter ein Bildnis des Kaiser Karls VI., des Vaters der Maria Theresia, sowie ein Porträt des Maximilian Franz, jüngster Sohn Maria Theresias und letzten Kurfürsten und Erzbischofs von Köln.

Über die Maler all dieser Portraits wissen wir nicht viel, meist sind die Bilder ältere oder möglicherweise auch jüngere Kopien bekannter Werke von Hofmalern wie Jan Franz Douven, Joseph Vivien oder George Desmarées.

Quellenangaben

  1. Brigitte Volk-Knüttel: Wandteppiche für den Münchener Hof nach Entwürfen von Peter Candid. In: Bayerisches Nationalmuseum München (Hrsg.); Forschungsheft. München/Berlin 1976

    Karlheinz Ossendorf: Die Weinlese" im Museumskeller. Ein Bild gibt Rätsel auf - Traubenstampfen über Jahrtausende. Vervielfältigtes Manuskript

  2. Brigitte Volk-Knüttel, a.a.O., Seite 68

  3. Vgl. Brief Wolfram Humperdinck

  4. P. Clemen: Kunstwerke des Rhein-Sieg-Kreises, Düsseldorf 1907, Seite 253