Ein großer Teil der Gemäldesammlung in Birlinghoven besteht aus den so genannten Monatsbildern, die aus dem Umkreis von Peter Candid stammen [1]. Sie stehen in einem engen Zusammenhang mit Serien von Wirkteppichen (Tapisserien), die Herzog Maximilian I. von Bayern, seit 1623 auch Kurfürst, für die Münchener Residenz in Auftrag gegeben hatte. Die mit Wolle, Seide und Goldfäden gewirkten Wandteppiche wurden nach Entwürfen von Peter Candid in der eigens begründeten Münchener Manufaktur unter Hans van der Biest in den Jahren 1612 bis 1614 hergestellt.
Die Bilder in Birlinghoven folgen diesen Tapisserien, sind aber vermutlich nicht selbst Vorlagen für die Teppiche gewesen, sondern gelten als Arbeiten aus dem Umkreis der Candid-Werkstatt nach den Wirkteppichen bzw. den Kartons zu den Wirkteppichen oder nach einem gemeinsamen Vorbild.
Schloß Birlinghoven beherbergt zehn dieser Bilder, die zu drei Serien (zwölf Monate, vier Jahreszeiten, Tag/Nacht) mit insgesamt 18 Teppichen passen. Vorhanden sind die Darstellungen von April, Juni, Juli, Oktober, November und Februar sowie die Darstellungen von Frühling, Herbst, Winter und Tag (es fehlen also einige Monatsdarstellungen, eine Jahreszeiten-Darstellung und die Darstellung "Nacht").
Die Bezeichnung "Monatsbilder" für alle Bilder ist insofern zwar praktisch, aber nicht ganz richtig. Die entsprechend dieser falschen Vorstellung in älteren Gutachten über die Gemäldesammlung von Schloß Birlinghoven vorgenommene durchgehende Numerierung von II/1 bis II/10 täuscht hinsichtlich der Zugehörigkeit zu einer Serie und hinsichtlich der Reihenfolge der einzelnen Werke im Jahreslauf.
Den Monats-Zyklus eröffnet nach alter Zählweise der März mit Bauern bei der Feldarbeit. Das erste in Birlinghoven vorhandene Bild aus diesem Zyklus symbolisiert den Monat April, wo eine vornehme Dame mit Gefolge mit Falken jagt. Im Juni-Bild werden Schafschur und Heuernte vereint, und im Juli pirscht wiederum eine adelige Dame diesmal Hirschen nach. Keltern und Ernten der Trauben bestimmt die Szene im Oktober, wobei im Hintergrund Landshut abgebildet ist, das damals Mittelpunkt des bayerischen Weinanbaugebietes war. Die Sauhatz im November findet wieder unter Beteiligung der Damen statt. Schließlich spielen im Februar maskierte Personen Karten und würfeln; im Hintergrund werden mit Darstellungen von Schlittenfahrten und des Zurückschneidens der Bäume Rückblick und Beginn eines neuen Jahreszyklus angedeutet. Die Serie wird durch die - in Birlinghoven fehlenden - Bilder mit Darstellungen der Feldbestellung, der Gartenpflege, der Ernte, Vermarktung der Landprodukte in der Stadt, der Hausschlachtung und des geselligen Genießens der Vorräte vollendet.
Der Jahreszeitenzyklus mit Motiven, die dem Monatszyklus durchaus ähnlich sind, ist über die Darstellung von Frühling, Sommer, Herbst und Winter hinaus eine Allegorie des Lebenskreislaufs. Die Darstellung beginnt mit spielenden Kindern, ein junges Paar verkörpert den Sommer und die Jugend, ein gereiftes Paar erntet im Herbst das Obst und schließlich wärmt sich im Winter ein greises Paar am Kachelofen bzw. am Herdfeuer. Für die Darstellung des Tages wird mit der Göttin Juno und dem Apoll-Gespann an die griechische Mythologie angeknüpft, die Nacht wird durch das Alter und Todessymbole versinnbildlicht.
Brigitte Volk-Knüttel weist darauf hin, daß die Teppiche (und mit ihnen die Bilder) realistisch wirken, ohne es tatsächlich zu sein. Es sind Allegorien, mit denen jenseits der genauen zeitlichen Folge von Feldarbeiten oder der realistischen Wiedergabe von Situationen wie der Wildschweinjagd vor allem eine Typisierung erreicht werden soll. Eine Besonderheit gegenüber anderen Monatsserien ist die starke Heraushebung der Beschäftigungen der aristokratischen Gesellschaft und die bemerkenswerte Rolle der Damen.
Teppiche und die Bilder sind dabei nicht völlig identisch. Beim Jahreszeiten-Zyklus und dem Zyklus Tag/Nacht erscheinen nur einzelne Motive sowohl im Teppich als auch im Bild, so daß sich trotz der offensichtlichen Zitate der Eindruck eher unabhängiger Werke ergibt. Möglicherweise ist wegen dieser Eigenständigkeit das Birlinghovener Äquivalent des Tages" auch Tuchbleiche genannt worden (allerdings gibt die Komposition des Bildes eigentlich keinen für diese Namensgebung heute noch erkennbaren Anlaß). Die Monatsbilder entsprechen dagegen - abgesehen von zwei systematischen Besonderheiten - relativ genau den in der Residenz München verwahrten Wirkteppichen der Monatsfolge. Der auffälligste Unterschied sind die Ornamente und Baumstämme, die die Teppiche einrahmen bzw. unterteilen und in den Bildern völlig fehlen. Zudem fällt auf, daß Teppiche und Bilder ganz oder in großen Teilen spiegelverkehrt sind, was sich aus dem Herstellungsprozeß erklärt. Da die Teppichwirker vor der Rückseite des Teppiches saßen, brauchten sie Vorlagen (sogenannte Kartons und Patronen), in denen die Gegenstände spiegelbildlich verkehrt dargestellt werden mußten. Im Verlauf der Arbeit wurden die Darstellungen mitunter mehrfach kopiert, ins Spiegelbild und wieder zurück übertragen, wozu der Künstler auch seine Schüler heranzog. Bei den Motiven wurden ferner andere Künstler zitiert, zum Beispiel sind die Monatsbilder April und Juli Entwürfen von Stradamus sehr ähnlich [2]. Außerdem sind die (selbst ja spiegelbildlichen) Kartons, die viele Jahrzehnte in den Hofarkaden der Residenz ausgestellt waren, öfters kopiert worden, so daß Duplikate wie die "Weinkelter" auf Schloß Birlinghoven und die Weinlese" im Siegburger Stadtmuseum auf eine zusätzliche Weise erklärlich sind. Zusammenfassend läßt sich annehmen, daß die Bilder zumindest aus dem Umkreis der Werkstatt Peter Candids stammen.
Wie diese Bilder ins Rheinland und später ins Schloß Birlinghoven bzw. nach Siegburg gekommen sind, ist unbekannt. Clemen [3] schreibt jedenfalls, daß die Bilder im Besitz der Abtei Heisterbach standen und sich nach der Säkularisierung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts im Heisterbacher Hof in Königswinter befanden. Der Stadt Siegburg wurde ihr Bild von Engelbert Humperdinck, in dessen Besitz sich ebenfalls Kopien befanden, aus Dankbarkeit für eine liebevoll veranstaltete Humperdinck-Woche" geschenkt [4].